Supraleiter leiten bei Kühlung auf eine sehr geringe Temperatur (unter -139 °C) ohne Widerstand elektrischen Strom, d.h. ohne Energie zu verlieren. Diese Eigenschaft tritt aufgrund der Bildung sogenannter Cooper-Paare auf. In diesem Zustand können Elektronen durch das Material des Supraleiters, ohne auf Widerstand bzw. Hindernisse zu treffen, fließen. Bei Hochtemperatursupraleitern ergibt sich die Supraleitfähigkeit anders als bei den konventionellen nicht durch die Elektron-Photon-Wechselwirkung und es handelt sich nicht um metallische, sondern um keramische Materialien [1], [2]. Die Bezeichnung der Hochtemperatursupraleiter kommt daher, dass deutlich höhere Sprungtemperaturen erreicht werden können (Bis zu -23 °C).
Die Geschichte der Supraleiterforschung begann schon im Jahr 1911, als Heike Kamerlingh Onnes es als erster schaffte, Quecksilber mit Hilfe von flüssigem Helium auf circa vier Kelvin bzw. minus 269 °C herunter zu kühlen und somit Metalle in einem zuvor noch unbekanntem Temperaturbereich erforschen konnte. Damals waren die Vorstellungen darüber, wie ein elektrischer Leitmechanismus generell funktionieren könnte, noch sehr vage und lückenhaft [3], [4], [5].
Onnes Messinstrumente zeigten während seiner Experimente an, dass unterhalb der Temperatur von vier Kelvin das Metall (Quecksilber) den angelegten elektrischen Strom verlustfrei leitete, der elektrische Widerstand verschwand. 1913 konnte nachgewiesen werden, dass auch Blei unterhalb einer Temperatur von -266 °C zum Supraleiter wird und der elektrische Widerstand verschwindet. In den folgenden Jahren konnten immer weitere Materialien gefunden werden, die sich entsprechend verhalten. Die Temperatur, ab der das jeweilige Material zum Supraleiter wird, wird Sprungtemperatur genannt [3], [4], [5].
Die Idee, Supraleiter für technische Anwendungen zu nutzen, gab es schon 1913. Seither waren Physiker auf der Suche nach anderen Materialien mit einer höheren Sprungtemperatur, vor allem um die Anwendung praktikabler zu machen. Der (bis jetzt) bekannte Supraleiter mit der höchsten Sprungtemperatur ist das Quecksilber Kuprat mit einer Temperatur von 134 Kelvin (minus 139 °C, unter hohem Druck liegt die Sprungtemperatur bei 153 K bzw. minus 120 °C) und gilt somit als sogenannter Hochtemperatursupraleiter. Der Vorteil dieser Form der Supraleiter ist, dass dank der höheren Sprungtemperatur flüssiger Stickstoff statt flüssigem Helium verwendet werden kann, was den gesamten Prozess schon deutlich wirtschaftlicher macht. Das Problem mit den sogenannten Kupraten ist, dass sie sich sehr spröde verhalten und somit nur schwer verarbeitbar sind. Es gibt außerdem Forschung im Bereich der Materialmischungen aus z.B. Eisen, Lanthan, Phosphor, Sauerstoff und Arsen, allerdings konnten damit bis heute nur Sprungtemperaturen von 56 K bzw minus 217 °C erreicht werden [4].
Bleibt die Frage, warum sich Supraleiter so verhalten, wie sie es tun. Grundsätzlich funktioniert die Supraleitung aufgrund des Auftretens einer makroskopischen, kohärenten Materialwelle, durch die Elektronenpaare, die sogenannten Cooper-Paare, gebildet werden. Aufgestellt wurde diese erfolgreiche Theorie 1957 von John Bardeen, Leon Cooper und Robert Schrieffer und ist unter dem Namen BCS-Theorie bekannt. Sie besagt, dass Elektronen in einem Supraleiter aufgrund von Wechselwirkungen zwischen Elektronen und dem Kristallgitter bei niedrigen Temperaturen zu Paaren gekoppelt sind. Das Verhalten Hochtemperatursupraleiter wird durch die Theorie nur teilweise beschrieben [6], [7].
Eine der neuesten Entdeckungen war 2018 die, dass auch hauchdünne Schichten aus Kohlenstoff supraleitende Eigenschaften zeigen. Werden zwei Graphenschichten übereinandergelegt und um einen Winkel von 1,3 Grad gegeneinander verdreht, zeigen sich bei Herunterkühlen auf eine Temperatur von -271,5 °C supraleitende Eigenschaften. Die Hoffnung ist nun, das Verhalten der sogenannten unkonventionellen Supraleiter (Hochtemperatursupraleiter) mit den verdrehten Graphenschichten genauer untersuchen zu können [8], [9].
[1] Spektrum: Supraleiter, (Link: https://www.spektrum.de/thema/supraleiter/1314677), aufgerufen am 06.05.2020 [2] Welt der Physik: Supraleiter, (Link: https://www.weltderphysik.de/gebiet/materie/supraleiter/), aufgerufen am 06.05.2020 [3] Buckel, Werner; Kleiner, Reinhold: Supraleitung – Grundlagen und Anwendungen; WILEY-VCH; 2004 [4] Pollmann, Maike: Welt der Physik: Geschichte der Supraleitung, (Link: https://www.weltderphysik.de/gebiet/materie/supraleiter/geschichte/), 07.04.2011; aufgerufen am 07.05.2020 [5] Onnes, Heike Kamerlingh; Edited by Gavroglu, Kostas; Goudaroulis, Yorgos: Through Measurement to Knowledge: The Selected Papers of Heike Kamerlingh Onnes 1853- 1926; Boston Studies in the Philosophy of Science Volume 124; 1991 [6] Tipler, Paul; Llewellyn, Ralph: Moderne Physik; Oldenbourg; 2010 [7] Cooper, Leon N.; Feldman, Dmitri: BCS: 50 Years; World Scientific Publishing CO. Ptc. Ltd.; 2011 [8] Löfken, Jan Oliver: Welt der Physik: Supraleiter aus Kohlenstoff, (Link: https://www.weltderphysik.de/gebiet/materie/news/2018/supraleiter-aus-kohlenstoff/), 05.03.2018, aufgerufen am 07.05.2020 [9] Cao, Yuan; Fatemi, Valla; Fang, Shiang; et. Al.: Unconventional superconductivity in magic-angle graphene superlattices; Nature 556; 05.03.2018Weiterführende Literatur:
[10] Kempf, Achim: Could the Casimir Effect explain the Energetics of High-Temperature Superconductors?; arXiv 03/2006 [11] Kiehn, R. M.: Are There Three Kinds Of Superconductivity?; International Journal of Modern Physics B, 06/1991 [12] Rao, C. N. R.; Raychaudhuri, A. K.: CRC Handbook of chemistry and physics, CRC Press, 2004 [13] Donglu, Shi: High-Temperature Superconducting Materials Science and Engineering: New Concepts and Technology, Pergamon Press, 1995 [14] Mankowsky, Roman: Supraleitung bei Raumtemperatur; Physik in unserer Zeit Colume 46, 09/2015