Arbeiten mit Fein- und Mikrowaagen gehören in unserem Metier zum Alltag. Jeder Wissenschaftler, Experimentator, der sich schon einmal mit möglichen Einflüssen auf die hochsensible Messtechnik, vor allem auf Mikrowaagen und hochgenaue Massekomparatoren [1], beschäftigt hat, weiß, wie viele Faktoren es bei der Messung und insbesondere bei der späteren Auswertung zu beachten gibt.
Ein Problem in der Mikro-Wägetechnik ist der Auftrieb, der abhängig von den äußeren Klimabedingungen wie z.B. Luftdruck, Temperatur und Luftfeuchtigkeit dafür sorgt, dass die Wägung unter Atmosphärenbedingungen Werte liefert, die entweder über oder unterhalb des wahren Wertes liegen.
Um den korrekten Wert zu erhalten, die sogenannte korrigierte Masse [2], [3], bedarf es z.T. recht aufwändiger Korrekturrechnungen. Und selbst dann hat man nicht alle Einflussfaktoren erfasst, denn auch feine Adsorptionsschichten (zumeist Wasser aus der Atmosphäre) verfälschen das Wägeergebnis [4], [5].
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, mit diesen Problemen umzugehen, doch eine Wägung im Vakuum eliminiert mit einem Schlag einen großen Teil dieser Faktoren.
Weshalb dann nicht immer im Vakuum wiegen?
Nun, hier ist der Haken: Handelsübliche Fein- und Mikrowaagen, aber auch gebräuchliche Komparatoren arbeiten nach dem Prinzip der elektromagnetischen Kompensation [6]. Sie sind also von einer externen oder internen Spannungsversorgung abhängig, besitzen in ihrem Inneren hochempfindliche Elektronik und erwärmen sich wie andere Elektrogeräte während des Betriebs. Komponenten, die im Vakuum ausgasen, ggf. sogar beschädigt werden könnten (wie z.B. Elektrolytkondensatoren, die im Vakuum platzen würden) und insbesondere die unvermeidliche Abwärme, die auf Grund der fehlenden Konvektion und Wärmeleitung bei Abwesenheit von Trägergasen zu einer Überhitzung des Gerätes führen würde, stellen ein großes Problem dar.
Die derzeit vorhandenen Möglichkeiten, Wägungen im Vakuum durchzuführen, sind sehr rar gesät und auch meist mit einem hohen Kostenaufwand verbunden. So verfügen zum einen die TU Ilmenau (Institut für Prozessmess- und Sensortechnik, Fachbereich Prozessmesstechnik unter der Leitung von Prof. Thomas Fröhlich) und zum anderen die PTB (FB 1.1, AG 1.11) jeweils über einen 1 kg-Vakuum-Massekomparator der Firma Sartorius [7]. Diese sind aber für die normale Grundlagenforschung im Allgemeinen nicht zugänglich, insbesondere nicht für Langzeitmessungen, wie sie z.B. bei unseren Experimenten oft notwendig sind. Andere, derzeit auf dem Markt erhältliche Alternativen zu Wägezellen mit elektromagnetischer Kompensation erwiesen sich für unsere Zwecke bisher als zu teuer.
Mit Hilfe bereits vorhandener Vakuum-Apparaturen und einer Mikrowaage (Mettler-Toledo, WXS206SDU/15, Ablesegenauigkeit: 1 µg) wurde ein kleiner Aufbau konzipiert, in dem unter anderen Möglichkeiten zur Wärmeableitung bzw. aktiven Kühlung der Waage im Hochvakuum (10 -5 bis 10 -6 mbar) getestet werden.
Nach Abschluss erster Tests, die beispielsweise über das Linearitätsverhalten der Mikrowaage Auskunft geben sollen, planen wir – in Zusammenarbeit mit einen Schweizer Entwicklungslabor von Mettler-Toledo die Mikrowaage so anzupassen, dass sie über viele Tage im Hochvakuum zuverlässig messen kann.
Literatur:
[1] M. Kochsiek, M. Gläser: „Massebestimmung“, VCH, 1997. [2] M. Gläser: „Response of apparent mass to thermal gradients“, Metrologia 27, 95-100, 1990. [3] S. Davidson et al.: „The measurement of mass and weight“, Measurement Good Practice Guide No. 71, National Physical Laboratory, 2004. [4] M. Kochsiek: „Measurement of water adsorption layers on metal surfaces“, Metrologia 18, 153-159, 1982. [5] R. Schwartz: „Precision determination of adsorption layers on stainless steel mass standards by mass comparison and ellipsometry. Part I: Adsorption isotherms in air“, Metrologia 31, 1994. [6] R. Schwartz et al.: „Leitfaden für Massebestimmungen hoher Genauigkeit“, PTB-MA-80, 2006. [7] M. Borys et al.: „Design and performance of the new Sartorius 1 kg vacuum mass comparator at PTB“, XVII Imeko World Congress – Metrology for a sustainable development, September, 17-22, 2006, Rio de Janeiro, Brazil.