Die Dunkle Energie beschreibt eine hypothetische Energieform, welche bei Betrachtung der Massenverteilung im Universum circa 68 % der Gesamtmasse ausmacht. Sie beschreibt ein Energiefeld, welches den Kosmos beschleunigt und auseinandertreibt und der Schwerkraft im Weltall entgegenwirkt, also die Expansion bremst. Das bedeutet, nach heutiger Erkenntnis, dass sich das Universum immer weiter ausdehnen wird. Während Physiker für die Natur der Dunklen Materie konkrete Lösungsansätze haben, ist es bei der Dunklen Energie erheblich schwieriger [1] [2].
Eingeführt bzw. erfunden wurde der Begriff der Dunklen Energie 1998 von dem Kosmologen Michael S. Turner. Nach seiner Definition meint diese Bezeichnung eine Energieform, die weder baryonische noch Dunkle Materie ist. Da diese Energie sich nicht durch elektromagnetische Strahlung bemerkbar macht, wird sie „dunkel“ genannt. Ursprünglich eingeführt wurde sie als eine Verallgemeinerung der kosmologischen Konstante, um die zu beobachtende Expansion des Universums erklären zu können. Nachdem diese Expansion durch die Rotverschiebung der Galaxien generell als etabliert galt, wurden unterschiedlichste Messungen durchgeführt, um zum einen die Geschwindigkeit der Expansion und zum anderen ihre Veränderung mit der Zeit zu bestimmen. Diese Messungen der Entfernung weit entfernter Supernovae vom Typ Ia ergaben, entgegen der bis dahin gültigen Annahmen, eine Zunahme der Expansionsgeschwindigkeit. Dieses Phänomen wurde auf die Dunkle Energie zurückgeführt [2] [3] [4] [5].
Es gibt eine Vielzahl verschiedener Ansätze für die physikalische Erklärung der Natur der Dunklen Energie. So wird sie häufig als die sogenannte Vakuumenergie interpretiert, in anderen Modellen als zeitabhängige Größe oder als Naturkonstante, welche eine Raumkrümmung unabhängig von Materie beschreibt. Auch Theorien ganz ohne die Existenz von Dunkler Energie existieren und werden überprüft. Aufgrund der Tatsache, dass sich die Dunkle Energie immer und überall mit konstanter Dichte von 10-26 kg/m3 befindet, ist sie so schwer zu entdecken. Ihre Masse in unserem Sonnensystem entspricht höchstens der Masse eines kleinen Asteroiden und hat somit keine spürbaren Auswirkungen – diese treten erst auf viel größeren Strecken und längeren Zeitspannen auf. Auch weil konkrete experimentelle Einschränkungen fehlen, gestaltet sich der Prozess des Konstruierens von Modellen der Dunklen Energie schwierig. Damit die beschriebene beobachtbare beschleunigte Ausdehnung des Universums durch die Dunkle Energie verursacht werden kann, muss ihr Druck negativ sein. Dies widerspricht zwar unserer Intuition, ist aber möglich. Dieser negative Druck verhindert, dass die Dunkle Energie Strukturen bilden kann – sie muss allerdings in die kosmische Strukturbildung eingreifen können, da sie ja ebendiesen Ablauf der Ausdehnung verändert. Die verschiedenen theoretischen Modelle setzen den Zeitpunkt der Bildung kosmischer Strukturen aus Dunkler Materie unterschiedlich im Rahmen der kosmischen Geschichte, wodurch diese Gebilde auch mehr oder weniger dicht sind [1] [6].
Die bekanntesten Ansätze für Erklärungen der Dunklen Energie lassen sich in fünf Gruppen einteilen und werden im Folgenden kurz zusammengefasst.
Der erste Ansatz geht auf Einsteins Kosmologische Konstante zurück. Diese Erklärung gilt als konservativste für das Wesen der Dunklen Energie und beschreibt diese schlicht als eine Eigenschaft des Raums. Das Weltall würde in Folge dessen auf Grund von Quantenfeldern (Bsp: Higgs-Feld) immer weiter expandieren. Die heute bekannten Theorien sind jedoch noch nicht so weit, als dass sie ein schlüssiges Bild der Wechselwirkungen von Quantenfeldern und der Raumzeit zu liefern [7] [8].
Der zweite Ansatz ist unter dem Stichwort der Quintessenz bekannt. Die Idee ist, dass sich ein neues, unentdecktes Feld ausgedacht wird, welches sich im Vakuum befindet und sich mit der Zeit verändert. Das zugehörige Quantenfeld würde das gesamte Weltall durchziehen und abstoßend wirken. Ein Vorteil der Dynamik dieser Quintessenz ist, dass sie sich im Gegensatz zur kosmologischen Konstante ändern kann, und sich so den gegebenen Rahmenbedingungen anpassen könnte. Die Form, die diese Quintessenz haben könnte, ist völlig unklar [7] [9].
Es haben sich mit der Zeit viele unterschiedliche Theorien entwickelt, mit jeweils unterschiedlichen Eigenschaften des Quantenfeld im Rahmen der Quintessenz-Theorien. Eine der bekannteren ist die Phantomenergie. Diesem Ansatz zufolge ist die Dunkle Energie ebenfalls dynamisch, zusätzlich wird sie mit der Zeit auch noch immer stärker. Diese Theorie beschreibt, dass es aufgrund der immer weiter zunehmenden Ausdehnungsrate irgendwann zu einem „Big Rip“ (Großes Zerreißen) kommen muss, bei dem es schließlich von Sternensystemen bis zu Atomen alles zerreißen würde [7] [10].
Ein weiterer Ansatz ist, dass Dunkle Energie gar nicht Existiert, sondern dass allein der Zerfall Dunkler Materie für die beschleunigte Expansion des Alls verantwortlich ist. Es könnte sich beispielsweise ein leichtes Dunkle-Materie-Teilchen bilden und ein sogenanntes Dunkles Photon würde frei werden. Das Problem mit dieser Idee ist, dass sie zu vielen astrophysikalischen Daten nicht passt [7].
Der letzte Ansatz, der an dieser Stelle vorgestellt werden soll, ist der, dass eventuell unser generelles Verständnis von Raumzeit und Gravitation nicht stimmt. Es wurden Modelle aufgestellt, bei denen zusätzliche Felder die Gravitation im Weltall verändern sollen, welche dann wiederrum die der Dunklen Energie zugeschriebene Wirkung erklären sollen. Auch bei diesem Ansatz ist das Problem, dass er zu vielen astrophysikalischen Erkenntnissen nicht passt [7].
[1] Dunkle Energie, Welt der Physik (Link: https://www.weltderphysik.de/gebiet/universum/dunkle-energie/), aufgerufen am 15.06.2020 [2] Dunkle Energie, Lexikon der Astronomie, Spektrum (Link: https://www.spektrum.de/lexikon/astronomie/dunkle-energie/83), aufgerufen am 15.06.2020 [3] Turner, Michael S.: Dark Matter and Dark Energy in the Universe, The Third Stromlo Symposium: The Galactic Halo; ASP Conference Series, Vol. 165, 1999 [4] Huterer, Dragan; Turner, Michael S.: Prospects for probing the dark energy via supernova distance measurements; Phys. Rev. D 60, 081301; 30.08.1999 [5] Perlmutter, Saul; Turner, Michael S.; White, Martin: Constraining Dark Energy with Type Ia Supernovae and Large-Scale Structure; Phys. Rev. Lett. 83, 670; 26.07.1999 [6] Conselice, Christopher: Die unsichtbare Hand des Universums, Spektrum der Wissenschaft, 4/07 [7] Eidemüller, Dirk: Fünf Erklärungen für die Dunkle Energie (Link: https://www.spektrum.de/news/fuenf-erklaerungen-fuer-die-dunkle-energie/1740008), aufgerufen am 09.07.2020 [8] Peebles, P. J. E.; Ratra, Bharat: The cosmological constant and dark energy; Rev. Mod. Phys. 75, 559; 22.04.2003 [9] Zhang, Jingfei; Zhang, Xin; Liu, Hongya: Agegraphic dark energy as a quintessence, The European Physical Journal C 54; 2008 [10] Briscese, F.; Elizalde, E.; Nojiri, S.; Odintsov, S. D.: Phantom scalar dark energy as modified gravity: Understanding the origin of the Big Rip singularity; Physics Letters B, Volume 646; 08.03.2007