Laut der Theorie der Dunklen Materie soll diese circa 27 % der gesamten Energiedichte des Weltalls ausmachen. Diese Theorie wurde Anfang des 20. Jahrhunderts aufgestellt, als Wissenschaftler bei Untersuchungen von Bewegungen von Galaxien im Coma-Galaxienhaufen feststellten, dass die leuchtende Materie, z.B. von Sternen, Gas und Staub, nicht ausreicht, um das Rotationsverhalten erklären zu können [1] [2] [3].
Grundsätzlich existieren sechs verschiedene Theorien zur Natur der Dunklen Materie. Eine dieser ist die der Versteckten gewöhnlichen Materie. Im Rahmen dieser Theorie gingen Astronomen davon aus, dass noch nicht sämtliche gewöhnliche Materie entdeckt wurde und schrieben die fehlende Masse kalten Gas- oder Staubwolken, erkalteten Braunen Zwergen und ähnlich massereichen Körpern (MACHOs: „Massive Astrophysical Compact Halo Objects“) oder gar Schwarzen Löchern zu [2].
Eine sehr beliebte und verbreitete Theorie ist die der sogenannten WIMP-Teilchen. Diese sind schwere Teilchen der sogenannten WIMP-Klasse (weakly interacting heavy particles), welche kaum oder gar nicht elektromagnetisch strahlen und außerdem nur eine schwache Wechselwirkung besitzen. Bis heute konnte keines der Teilchen nachgewiesen oder experimentell in einem Teilchenbeschleuniger hergestellt werden, es werden jedoch verschiedene Ansätze verfolgt [2], [4], [5].
Die Experimente, die durchgeführt werden, um Dunkle Materie in Form von WIMPs nachzuweisen, lassen sich in drei Gruppen einteilen: Experimente in der Luft bzw. im Weltall, Untergrundexperimente und Beschleunigerexperimente. Bei den Versuchen in der Luft bzw. dem All existiert die Annahme, dass sich zwei WIMPs beim Aufeinandertreffen auslöschen und Energie in Form eines Photons freisetzen. Um diese bzw. ihre Folgeprodukte (Elektronen und Positronen) nachzuweisen bevor sie mit Luftmolekülen reagieren, werden die Experimente bevorzugt im Weltall durchgeführt [3], [6], [7].
Im Rahmen der Untergrundexperimente soll die Wechselwirkung eines WIMPs mit gewöhnlicher Materie in einem speziellen Detektor nachgewiesen werden. Um den Detektor bestmöglich gegen störende kosmische Strahlung und Störquellen abzuschirmen, werden die Versuche in Laboren in ehemaligen Minen oder unter Bergen durchgeführt. Das Problem ist, dass die gesuchten Wechselwirkungen extrem selten sind und deswegen sowohl viel Material als auch lange Messzeiten erforderlich sind [3], [8].
Die Idee der Beschleunigerexperimente ist die künstliche, mit hohem Energieaufwand verbundene Erzeugung Dunkler Materie. Außerdem sind anspruchsvolle Algorithmen notwendig, die diejenigen Prozesse, in denen WIMPs entstehen können, aus den vielen Ereignissen herauszufiltern. Bemerkbar könnte beispielsweise fehlende Energie sein, da WIMPs unsichtbar sind, aber viel kinetische Energie mitsichtragen [3].
Axionen, Teilchen, die milliardenfach leichter als Elektronen sind, beschreiben einen weiteren Ansatz für die Natur der Dunklen Materie. Es könnte sich hierbei um einen einzelnen Elementarteilchen-Typen oder gar um eine ganze Gruppe unbekannter Teilchen handeln. Detektoren zum Aufspüren dieser Axione haben bislang keinen Hinweis auf ihre Existenz erbracht [2].
Die Theorie der Heißen Dunkle Materie beschreibt diese als bestehend aus Teilchen, die extrem schnell unterwegs und neutrinoähnlich sind. Dunkle Materie scheint generell wie Gaswolken zu konzentrieren, da heiße Dunkle Materie jedoch auseinanderstreben würde, könnte sie nur einen kleinen Teil der gesamten Dunklen Materie ausmachen [2], [9], [10].
Ein weiterer Ansatz ist der der sterilen Neutrinos. Diese Theorie beschreibt eine Mischung der zuvor vorgestellten Ansätze hypothetischer Teilchen. Die Masse dieser variiert jedoch je nach Modell und auch mögliche Wechselwirkungen unterliegen verschiedener Theorien. Das MiniBooNE-Experiment am Fermilab bei Chicago versucht solche Teilchen zu finden [2], [11].
Die zuvor vorgestellten Ansätze bestanden durchweg aus hypothetischen Teilchen. Ein gegensätzlicher Ansatz ist der modifizierter Gravitationstheorien. Die Idee ist, dass die Gesetze der Schwerkraft in den Weiten der Alls nicht in der Form gelten, wie auf der Erde – Somit würden die Messdaten, die man durch die Existenz Dunkler Materie versucht zu erklären, plötzlich Sinn ergeben [2], [12], [13], [14].
Bisher konnten keine Teilchen nachgewiesen werden und keiner der Ansätze experimentell bestätigt werden, die Forschung um die Dunkle Materie wird also vermutlich noch einige Jahre oder Jahrzehnte andauern, bis Antworten gefunden werden.
[1] Spektrum Lexikon der Astronomie: Dunkle Energie, (Link: https://www.spektrum.de/lexikon/astronomie/dunkle-energie/83), aufgerufen am 09.07.2020 [2] Eidemüller, Dirk: Sechs Erklärungen für die Dunkle Materie, (Link: https://www.spektrum.de/news/sechs-erklaerungen-fuer-die-dunkle-materie/1719160), aufgerufen am 09.07.2020 [3] Welt der Physik: Dunkle Materie, (Link: https://www.weltderphysik.de/gebiet/universum/dunkle-materie/), aufgerufen am 09.07.2020 [4] Burkert, Anderas; Silk, Joseph: Dark Baryons and Rotation Curves, 16.09.1997, The American Astronomical Society; The Astrophysical Journal Letters, Volume 488, Number 2 [5] Barna, I. F.: Searching for dark matter with helium atom [6] Pospelov, Maxim; Ritz, Adam; Voloshin, Mikhail: Secluded WIMP dark matter, 10.04.2008, Physics Letter B [7] Liu, Jianglai; Chen, Xun; Ji, Xiangdong: Current status of direct dark matter detection experiments, 02.03.2017 [8] Jochum, Josef; von Feilitzsch, Franz: Dunkle Materie und Sonnen-Neutrinos: Eine endliche Neutrinomasse weist auf bisher unbekannte Teilchen jenseits des Standardmodells hin, 20.02.2013, Physikalische Blätter, Volume 56, Issue 3 [9] Gribbin, John; Rees, Martin: Zwei Arten dunkler Materie, Ein Universum nach Maß, 1989 [10] Grupen, Claus: Dunkle Energie und Dunkle Materie, Einstieg in die Astroteilchenphysik, 31.10.2017 [11] Dodelson, Scott; Widrow, Lawrence M.: Sterile neutrinos as dark matter, Phys. Rev. Lett. 72; 03.01.1994 [12] Aguilar-Arevalo, A.A.; Anderson, C.E.; et. Al.: Nuclear Instruments and Methods in Physics Research Section A: Accelerators, Spectrometers, Detectors and Associated Equipment: The MiniBooNE detector, 01.02.2009 [13] BooNE: Booster Neutrino Experiment, (Link: https://www-boone.fnal.gov/index.html), aufgerufen am 26.08.2020 [14] Bekenstein, Jacob D.: Modified gravity as an alternative to dark matterWeiterführende Literatur:
[15] Kroupa, P.; Famaey, B.; et. Al.: Local-Group tests of dark-matter concordance cosmology: Towards a new paradigm for structure formation [16] Kroupa, Pavel; Pawlowski, Marcel: Das kosmologische Standardmodell auf dem Prüfstand (Spektrum der Wissenschaft, August 2010) [17] Van Dokkum, Pieter; Danieli, Shany; et. Al.: A galaxy lacking dark matter