Wissenschaftler der Disziplinen Physik und Chemie lernen bereits während ihres Studiums, dass Masse in einem thermodynamisch abgeschlossenen System eine Erhaltungsgröße ist. Der Massenerhaltungssatz, auch Gesetz von Lomonossow-Lavoisier [1] genannt, beruht unter anderem auf zahlreichen Experimenten des deutschen Wissenschaftlers Heinrich Landolt [2], [3] im ausgehenden 19. Jahrhundert.
Verschiedene Reproduktionen seiner Arbeiten folgten im Laufe der Zeit, z.B. durch J. J. Manley mit seinem Aufsatz „On the apparent change in weight during chemical reactions“ [4]. Das Ergebnis war bei allen Veröffentlichungen das Gleiche: Keine Änderung der Masse.
Bis eine Gruppe deutscher und amerikanischer Wissenschaftler in den Achtziger-Jahren in ihren Experimenten, die teilweise eine Reproduktion der Landolt-Experimente, aber teilweise auch völlig neu konzipiert waren, ein völlig anderes Ergebnis erhielt. Ihre Ergebnisse waren z.T. hoch signifikante Abweichungen von einer zuvor gemessenen „Null-Linie“, die weit oberhalb der ermittelten Gesamt-Messunsicherheit lagen [5].
Offensichtlich war eine nötige Voraussetzung für eine deutliche Abweichung von der Massenkonstanz das Vorhandensein eines Phasenübergangs. Beispielsweise die Abscheidung von metallischem Silber an der Gefäßinnenwand, während die sogenannte Tollens-Reagenz (eine ammoniakalische Silbernitrat-Lösung) mit einer 2-molaren Glukose-Lösung zu Silber, Gluconsäure, Ammoniak und Wasser reduziert wird.
Während die deutsch-amerikanische Gruppe auch noch weitere Formen von Phasenübergangen in chemischen, physikalischen und biologischen Systemen sowie auch in entsprechenden Mischungen dieser Systeme untersuchte (und überall signifikante Abweichungen von der Massenkonstanz fand), konzentrieren wir uns vor allem auf die Reproduktion der Silberspiegel-Proben-Experimente und der Landolt-Experimente unter Verwendung von moderner Wägetechnik.
Die GÖDE-Stiftung hat es sich zur Aufgabe gemacht, Experimente aus dem Bereich Gravitation zu untersuchen. Darunter fällt natürlich auch die Frage nach der Natur der Masse und der Frage, ob Masse erhalten bleibt.
Da wir keine Arbeiten finden konnten, die versucht haben, die Ergebnisse der deutsch-amerikanischen Gruppe zu reproduzieren oder zumindest zu überprüfen, haben wir uns zur Aufgabe gemacht, herauszufinden, ob man – unter Beachtung der gängigen Vorschriften in der Metrologie, wie z.B. der OIML-R 111-1 [6] – solch große Abweichungen erneut in Versuchen finden kann und wenn ja, wie sie ggf. zu erklären sind.
Mit Hilfe von ABBA-Messungen auf einem Sartorius-Massenkomparator (CCE36, Ablesegenauigkeit 1 µg, Maximallast 31 g) werden je zwei Test-Proben P1 und P3 mit Silberspiegelprobe gegen zwei Referenz-Proben P2 und PN (enthalten gemahlenen, z.T. gesiebten Löss) entsprechend der Sequenz N11NN22NN33N über ca. zwei bis drei Wochen kontinuierlich miteinander verglichen.
Nach entsprechender Mittelwert-Bildung und Massenkorrektur gemäß der CIPM-Formel von 2007 [7] werden Massendifferenzen ermittelt und graphisch aufgetragen.
Sollten sich nach Abschluss der verschiedenen Messreihen tatsächlich signifikante Massendifferenzen zeigen, muss untersucht werden, welche möglichen, trotz aller Vorkehrungen noch auftretenden Störeinflüsse eventuell zu diesen Differenzen geführt haben könnten.
Literatur:
[1] R. D. Whitaker: „An Historical Note on the Conservation of Mass. In: Journal of Chemical Education“, 51, 10, 658-659, 1975. [2] H. Landolt: „Untersuchungen über etwaige Aenderungen des Gesammtgewichtes chemisch sich umsetzender Körper“, Ber. Dtsch. Chem. Ges. 26, 1820 (1893). [3] H. Landolt: „Untersuchungen über die fraglichen Änderungen des Gesammtgewichtes chemisch sich umsetzender Körper. Dritte Mittheilung“, Zeitschrift für physikalische Chemie, 64U (1908) [4] J. J. Manley: „On the Apparent Change in Weight during Chemical Reaction“, Proceedings of the Royal Society A: Mathematical, Physical and Engineering Sciences 87, 202 (1912). [5] K. Volkamer et al.: „Experimental Re-Examination of the Law of Conservation of Mass in Chemical Reactions“, Journal of Scientific Exploration, Vol. 8, No. 2, 1994. [6] OIML R 111-1: „Weights of classes E1, E2, F1, F2, M1, M1-2, M2, M2-3 and M3; Part 1: Metrological and technical requirements“, International Recommendation, Edition 2004 (E). [7] A. Picard et al.: „Revised formula for the density of moist air (CIPM-2007)“, Metrologia 45 (2008), 149-155.