Die Geschichte der Erforschung von Gravitationswellen beginnt mit ihrer Vorhersage Albert Einsteins im Rahmen seiner Allgemeinen Relativitätstheorie 1916 [1]. Er schaffte es, eine Theorie zu formulieren, die die Ausbreitung der Gravitation von Raumpunkt zu Raumpunkt beschreibt [2], [3]. Nach der theoretischen Erklärung der Gravitationswellen dauerte es jedoch noch viele Jahre, bis die wissenschaftliche Gemeinschaft von der Existenz dieser überzeugt war und insgesamt knapp 100 Jahre bis 2015 der erste direkte Nachweis erfolgte.
Der erste indirekte Nachweis von Gravitationswellen erfolge 1974 am sogenannten Hulse-Taylor-Pulsar von Joseph Taylor und Russel Hulse mithilfe des großen Radioteleskops am Arecibo-Observatorium in Puerto Rico entdeckt werden konnte [4]. Es handelt sich hier um einen Binärpulsar, der mit einem Begleitstern ein sogenanntes gravitativ gebundenes Doppelsternsystem bildet und sich etwa 21000 Lichtjahre entfernt befindet. Heute weiß man, dass es sich genauer um zwei Neutronensterne mit ähnlichen Massen von 1,44 und 1,39 Sonnenmassen handelt. Der schwerere Stern ist der Pulsar, welcher in periodischen Abständen von 59 ms elektromagnetische Pulse mit einer Frequenz von 1,4 GHz aussendet. Sie entstehen, wenn ein Stern ein stark gebündeltes, entgegen der Drehachse gekipptes Magnetfeld besitzt und sich mit dieser Periode um die eigene Achse. Es entsteht ein zeitlich veränderliches magnetisches Dipolfeld sowie eine elektromagnetische Strahlung, die gebündelt emittiert wird und dadurch einmal in 59 ms die Erde trifft. Durch den Doppler-Effekt konnte die Periode, mit der sich die Sterne umeinander bewegen auf 7,75 h bestimmt werden, allerdings bewegen sie sich nicht im Kreis umeinander, sondern auf präzidierenden Ellipsen hoher Exzentrizität von 0,6 um einen gemeinsamen Schwerpunkt. Diese Präzession der Ellipsen wurde schon im Rahmen der Allgemeinen Relativitätstheorie vorhergesagt. Im Fall des Hulse-Taylor-Pulsar beträgt sie 4,2 Grad pro Jahr, der 36000-fache Wert Merkurs [5].
Wird nun diesem Binärsystem ständig Energie durch emittierte Gravitationswellen entzogen, ändern sich die Bahnparameter (Halbachse, Periode, Exzentrizität, …) zeitlich korreliert, so dass die Gleichgewichtsbedingung zu jedem Zeitpunkt erfüllt ist. Mit Hilfe des dritten Kepler’schen Gesetzes und der vereinfachenden Annahme, dass die Massen beider Pulsare gleich sind und die Umlaufbahn kreisförmig ist, lässt sich die Änderungsrate der Periode vereinfacht wie folgt berechnen
Für den Fall von M=1,4 Sonnenmassen und der zuvor bestimmten Periodendauer von 7,75 h erhält man für die Änderungsrate . Da in dem Falle des Hulse-Taylor-Pulsars die Massen nicht gleich sind und die Bahnen nicht kreisförmig, muss der Wert korrigiert werden und ergibt sich schließlich zu , was bis auf eine Genauigkeit von 0,2 % mit dem beobachtenden Wert übereinstimmt.
Für diesen ersten indirekten Nachweis von Gravitationswellen und der Entdeckung des Pulsares PSR B1913+16 erhielten Hulse und Taylor 1993 den Nobelpreis [5] [6].
Für den direkten Nachweis von Gravitationswellen begann man in den siebziger Jahren mit Laserinterferometern zu arbeiten. Die Idee dieses Prinzips ist, dass Laserlicht von einer Quelle auf einen sogenannten Strahlteiler trifft, der zwei Teilstrahle erzeugt, die sich senkrecht voneinander wegbewegen, jeweils an Spiegeln reflektiert und zur Interferenz gebracht werden. Diese lässt sich wiederrum mit Hilfe eines Detektors nachweisen. Um eine ausreichende Genauigkeit zu erreichen, bewegt sich das Laserlicht in luftleeren Röhren. Wenn nun eine Gravitationswelle senkrecht auf diese Anordnung trifft, so werden die relativen Abstände zu den Spiegeln verändert und es kommt zu einer messbaren Verschiebung des Interferenzmusters. In der folgenden Abbildung ist ein schematischer Aufbau dargestellt [5].
Da die messbaren Effekte so klein und dabei sehr störanfällig (durch zum Beispiel seismische Effekte oder auch einfacher Straßenverkehr) sind, ist hierfür eine ausgeklügelte Technologie notwendig. Außerdem müssen, um die beschriebenen Störungen erkennen zu können, jeweils mindestens zwei Interferometer an unterschiedlichen Orten das gleiche Signal empfangen [5].
[1] Einstein, A.: Die Grundlage der allgemeinen Relativitätstheorie; Ann. D. Phys. 49; 1916 [2] Einstein, A.: Näherungsweise Integration der Feldgleichungen der Gravitation, Sitzungsberichte der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften; Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse vom 22. Juni; 1916 [3] Einstein, A.: Über Gravitationswellen; Sitzungsberichte der Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaften, Berlin; 31.01.1918 [4] Hulse, R. A.; Taylor, J. H.: Discovery of a Pulsar in a Binary System; Department of Physics and Astronomy, University of Massachusetts, Amherst; Tha Astrophysical Journal, 195, 15.01.1975 [5] Guilini, Domenico; Kiefer, Claus: Gravitationswellen; Einblicke in Theorie, Vorhersage, und Entdeckung; Springer Spektrum; 2017 [6] Weiss, Rainer: Nobel Lecture: LIGO and the discovery of gravitational waves; Rev. Mod. Phys. 90, 18.12.2018Weiterführende Literatur:
[7] Thorne, Kip S.: Nobel Lecture: LIGO and gravitational waves III, Rev. Mod. Phys. 90, 040503, 18.12.2018 [8] Weber, J.: Detection and Generation of Gravitational Waves; Phys. Rev. 117, 306, 01.01.1960 [9] Barish, Barry C.; Weiss, Rainer: LIGO and the Detection of Gravitational Waves; Physics Today 52(10), 44; Oktober 1999 [10] Blair, David G.: The detection of gravitational waves; University of Western Australia; Cambride University Press; 1991 [11] Accadia, T.; et. Al.: Virgo: a laser interferometer to detect gravitational waves; Journal of Instrumentation, Volume. 7, March 2012