Im 19. Jahrhundert wurde postuliert, dass sich elektromagnetische Wellen, wie alle anderen Wellen, in einem jeweils geeigneten Trägermedium, dem Äther, ausbreiten. Die Konsequenz war zwangsläufig, dass sich dieser Äther das gesamte Universum sowie das Innere der Materie erfüllen muss. Die wesentliche Eigenschaft dieses Äthers ist es, die in der Naturbeschreibung auftretenden Fernkräfte auf Nahwirkungskräfte zurückzuführen. In der Newtonschen Gravitationstheorie gelten Gravitationskräfte als solche Fernkräfte, die durch die Theorie eines Äthers direkt auf sogenannte Nahwirkungskräfte zurückgeführt werden konnten. Die Hypothese lautete, dass der Äther durch seine elastische Deformation Kräfte übertragen würde [1], [2].
Der Äther musste außerdem eine sehr geringe Dichte besitzen, gleichzeitig aber hochelastisch sein. Da der Äther das gesamte Universum erfüllen muss, also allgegenwärtig ist, würde er ein absolut ruhendes System definieren, dasjenige, indem er selbst ruht. Dadurch müsste er sich durch optische, interferometrische Experimente nachweisen lassen [3].
Die Geschwindigkeit von Wellen wird generell relativ zum Medium, in dem sie sich bewegen, gemessen, da sie von den Eigenschaften dieses Mediums abhängt. In Rahmen der Maxwellschen Elektrodynamik treten Unterschiede der Ausbreitung von elektromagnetischen Wellen in verschiedenen Bezugssystemen auf. Um diese Unterschiede erklären zu können, schien die Existenz eines sogenannten Lichtäthers mit Festkörpereigenschaften, welcher ausschließlich die Ausbreitung transversaler Wellen erlaubt, notwendig zu sein. Die Idee war es nun, die Geschwindigkeit der elektromagnetischen Wellen relativ zum Äther zu messen. Das Ergebnis war, dass der Äther selbst der Sitz der elektromagnetischen Felder sein müsse. Außer dem generellen Besitzen eines Bewegungszustandes, konnte dem Äther keine einzige mechanische Eigenschaft widerspruchsfrei zugeschrieben werden. Experimente wie z.B. das Michelson-Morley-Experiment oder der Trouton-Noble-Versuch ergaben, dass es nicht möglich ist, dem Äther eine Geschwindigkeit zuzuschreiben, auch nicht die Geschwindigkeit Null [2], [4], [5].
Anfang des 20. Jahrhunderts, vor allem durch die Spezielle Relativitätstheorie, verlor die Ätherhypothese immer mehr an physikalischer Bedeutung. Für die moderne Physik werden die im Rahmen der Ätherhypothese angeführten Fernkräfte durch die Verwendung des Feldbegriffs vermieden [2].
[1] Tipler, Paul; Llewellyn, Ralph: Moderne Physik, Oldenbourg, 2010 [2] Spektrum: Lexikon der Physik: Äther, (Link: https://www.spektrum.de/lexikon/physik/aether/854) aufgerufen am 07.05.2020 [3] Meschede, Dieter: Gerthsen Physik; Springer Verlag; 2006 [4] Michelson, A.A:; v. Laue, M.: Die Relativbewegung der Erde gegen den Lichtäther, 1931, (Link: https://doi.org/10.1007/BF01528662) [5] Trouton, F.T.; Noble, H.R.: The mechanical forces acting on a charged electric condenser moving through space, 01.1904, (Link: https://royalsocietypublishing.org/doi/abs/10.1098/rsta.1904.0005 )Weiterführende Literatur:
[6] Swenson, Loyd S.; Michelson, Albert Abraham; et. Al.: The ethereal aether: A history of the Michelson-Morsel-Miller aether-drift experiments